RETROllibaba: Expansion!

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Manchmal reicht es einfach nicht!

Das Nintendo 64 war seinerzeit ein echter Kraftprotz. Es konnte tolle, dreidimensionale Welten erschaffen und diese ohne verzerrte Texturen darstellen, anders als die erste Playstation. Doch begrenzter Speicher sorgte für vernebelte Weitsicht und schwammige Texturen. Im Direktvergleich sahen Spiele für Sony’s graue Kiste eigentlich immer schärfer und knackiger aus. Spötter betitelten das N64 als Folge oft als “64 Bit Nebelmaschine”… leider zu recht.

Alles wie immer

Nintendo setzte nämlich, anders als die Konkurrenz nicht auf die neue CD Technologie, sondern weiterhin auf Cartridges. Spielekassetten aus Plastik, die leider deutlich weniger Platz boten und auf viele wie eine veraltete, konservative Technik wirkten. Der Hauptgrund für Nintendo war, die Kontrolle über die Herstellung der Software zu behalten und es Raubkopierern möglichst schwer zu machen, die eigenen Hausmarken illegal zu vervielfältigen. Außerdem erschien der Gebrauch klobiger Spiele aus Kunststoff kinderfreundlicher als die fragilen Silberscheiben. Ein fettiger Patscher, ein kleiner Kratzer und die Spieldisc war unlesbar, wohingegen Cartridges robust genug waren um durchs Zimmer geschleudert zu werden. Nintendo dachte also auch an nervige kleine Geschwister.

Was den Spielmachern im Vergleich zu Saturn und Playstation hier aber extrem zusetzte, war der Mangel an RAM für eine große Anzahl schöner Texturen. So gut wie immer hatte man bei Midway, Rare und Capcom den Eindruck hinter den eigenen Möglichkeiten zurück zu bleiben. Rare beispielsweise konnte die gleichen Texturdaten oft im selben Spiel auf kreative Weise wieder benutzen und auch bei Animationen und Modellen für Umgebung und Charaktere mit etwas smarter Trickserei kostbaren Speicherplatz einsparen. Beschränkungen führen oft zu derart originellen Methoden und befeuern die Kreativität, doch alles hat seine Grenzen. Erst recht in einer Branche, die derart auf bahnbrechende Optik und ein Maximum an geiler Technik setzt. Das Nintendo 64 drohte recht schnell als technisch veraltet zu gelten.

Die Lösung: Expandieren!

Damit dies nicht geschah, arbeitete Nintendo an einer Erweiterung, die neue grafische Möglichkeiten ermöglichen sollte. Das “Expansion Pack”, ein kleines schwarzes Kästchen mit auffälligem roten Deckel, konnte in den Erweiterungsslot der Konsole gesteckt werden und verdoppelte die Leistung von 4 auf 8 MB. Nach seinem Erscheinen 1998 konnten Entwickler endlich mit mehr Power arbeiten. Spiele wie “Perfect Dark”, “The Legend of Zelda: Majora’s Mask”, “Donkey Kong 64” und “Resident Evil 2” waren nun schärfer, mit größeren Dateien für besagte Texturen und spielten sich teilweise deutlich flüssiger, mit extra Effekten, die von der Konsole ohne Expansion Pack nicht dargestellt werden konnten. Viele Titel konnten optional aufeghübscht werden, wie “Star Wars: Rogue Squadron”, manche waren allerdings ohne Erweiterung kaum spielbar und erforderten diese, was auf der Packung deutlich zu lesen war.

Die bessere Performance und verbesserte Grafik sprachen sich schnell rum und wurden von der Fachpresse gelobt. Für geringes Geld konnten Gamer also eine bereits gekaufte Spielekonsole technisch aufwerten ohne gleich einen Nachfolger erstehen zu müssen. Eine coole Sache.

Heutzutage kann man vieles mittels Patches und Updates verbessern und so die Performance einer Xbox oder Playstation verfeinern und erweitern. Manchmal reichen aber auch Sony und Microsoft noch neue Hardware nach, die Playstation 4 Pro zu Beispiel oder die neue Xbox One X, ehemals Scorpio. Leider muss man für beide richtig tief in die Tasche greifen und im Grunde kauft man lediglich eine neue Konsole, die allerdings keine PS5 oder Xbox Two ist, sondern nur eine aufgewertete Version der bereits erhältlichen Spielkonsolen. Wie optional diese upgegradete Hardware in Zukunft bleibt oder ob aufwendige neue Titel irgendann exklusiv für die dickeren Konsolen erscheinen, wird die Zeit und der Verkaufserfolg eben dieser Kisten zeigen. Nintendo war Ende der Neunziger diesem Trend auf jeden Fall einen Schritt vorraus. Das N64 Expansion Pack war nicht die erste Eweiterung ihrer Art, aber eine gut durchdachte und implementierte.

Anders als Sega mit Mega CD und 32X handelte es sich nicht um ein schlecht durchdachtes, Frankenstein-ähnliches Add On, und hatte daher auch etwas mehr Erfolg. Doch auch das Expansion Pack konnte nicht allzu lange die Anforderungen moderner Zocker bedienen und musste sich rasch den neuen Platzhirschen PS2 und XBox geschlagen geben, bevor Nintendo selbst mit dem GameCube auf den Plan trat. So bleibt dieses tapfere Klötzchen mit rotem Haupt lediglich eine amüsante Anekdote, eine Fußnote im Kampf um grafikgeile Gamer.

Die neueste Technik ist nicht alles, aber wichtig.
In diesem Sinne, meine Freunde!

OlliSignatur-1

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