TestLabor: ALIEN ISOLATION (PS4)

Alien Isolation oben

Lange habe ich mich nicht mehr so darüber gefreut, ein Spiel durchgespielt zu haben. Nicht nur weil es ein tolles Erlebnis war, sondern weil ich Vertreter der Survival-Grusels normalerweise links liegen lasse… Diese virtuellen Geisterbahnfahrten mit kalkulierten Schreckmomenten, rar deponierten Utensilien und beklemmender Angst-Atmosphäre sind nämlich nicht wirklich meins. Ich schätze diese Spiele zwar, freue mich oft über ihren Erfolg oder schaue anderen beim Zocken zu, trotzdem spiele ich sie einfach ungern selber. Auf dem Papier war ALIEN ISOLATION also eigentlich nicht für mich gemacht, meine persönliche Geilfindung des ersten Films von Ridley Scott hingegen lies mich immer wieder neidisch über den Gartenzaun der Spielgenres schielen und ich wunderte mich, ob ich es nicht einfach mal wieder versuchen soll… eine meiner besseren Entscheidungen!

Schon die Idee des Spiels und der Geschichte haben meine Kinofan-Gene gekitzelt; fünfzehn Jahre nach den dramatischen Ereignissen des ersten Films übernehmen wir die Rolle von Ellen Ripley’s Tochter, Amanda. Was genau mit ihrer Mutter an Bord des Raumschiffes Nostromo passiert ist, wird ist unklar. Man behauptet, die von Sigourney Weaver verkörperte sei verstorben. Amanda arbeitet nun für die fragwürdige Weyland Yutani Organisation, als sie vom Flugschreiber der Nostromo erfährt, der sich angeblich auf einer Raumstation befinden soll und Klarheit in das ungewisse Schicksal ihrer Mutter bringen könnte. Also reist sie mit einer kleinen, neugieren Truppe dorthin um dort auf Chaos, Angst und ein mysteriöses Wesen zu treffen… eine bessere Prämisse für einen Space-Schocker als die meisten Filme der Alien-Filmreihe, finde ich. Die Story wird packend erzählt, die Ereignisse sind den Umständen entsprechend glaubwürdig und das Ende hat es in sich. Eine tolle Zugabe für den Kanon um das gruselige Giger-Alien. Krass und gut.

Das beste Alien seit… naja, “Alien”!

Das Gameplay besteht hauptsächlich aus Schleichen, Code-Knacken, Ressourcen sammeln und weiterverwerten und ja, aus Sterben. Man stirbt ständig. Mal erliegt man einem einzigen Treffer einer verbarrikadierten Truppe, mal erwürgt einen ein emotionsloser Android, meist aber, wird man vom namensgebenden Möpp himself um die Ecke gebracht, dem Alien. Dieses schleicht durch Lüftungsgänge, durch Decken, Wände und Rohre und wartet nur darauf uns zu erblicken oder zu hören. Es wird von jedem hörbaren Geräusch angelockt; sei es Rennen, Schießen oder das Betätigen von Computerterminals. Es heißt also umschauen, aufpassen und leise sein. Weil das blöde Vieh nach dem Zufallsprinzip agiert, können wir uns NIEMALS sicher fühlen oder durch eine bereits gemeisterte Passage durchflitzen – was Fluch und Segen zugleich ist und manchmal in kleinen Frustmomenten mündet. Der Vorteil ist, man kann dieses Verhalten zu seinem Vorteil nutzen und beispielsweise einen aus gesammeltem Kram gebauten Krachmacher in eine Gruppe feindlich gesinnter Soldaten werfen und dem anstürmenden Alien bei seiner Arbeit zuschauen, herrlich. Ein fleißiges Tier! Die großen Levels, in denen wir verschiedenste Aufgaben erfüllen, Terminals hacken, Türen öffnen und so immer mehr Zugang zur besagten Raumstation und dem Verbleib unserer Mami erlangen, bieten hier auch genügend Versteckmöglichkeiten und Versorgungsschächte um Konfrontationen aus dem Wege zu gehen, denn ALIEN ISOLATION ist KEIN Shooter!

Ich war erstaunlich schnell drin im Spielfluss und machte mir flott die Regeln des Überlebens zu Eigen und gewöhnte mich so erstaunlich schnell an das Geschleiche, das Haushalten von Ressourcen und die verteilten, optionalen Speicherpunkte. Diese nervenaufreibende Mischung aus Überleben, Flucht, Verstecken, Offensivem Kampf und dem Verlangen das Ende der Geschichte zu erleben haben für mich persönlich brillantestens funktioniert und mir einen unerwarteten neuen Favoriten beschert. Nur mit dem hervorgeholten Bewegungsmelder durch einen dunklen Gang zu schleichen um dann vom alarmierenden Piepsen schweißnasse Hände zu bekommen ist einfach DAS Alien-Feeling das in ein Spiel dieser Marke reingehört. Ich will keine Horden von diesen fiesen Viechern ummähen, ich will nur eins, einen aggressiven Jäger, der Angst und Schrecken verbreitet. Ich will Ridley Scott’s Alien spielen, nicht James Cameron’s! Und dieses Gefühl während des Spielens, ist perfekt umgesetzt worden. Hierfür applaudiere ich den Entwicklern leise. Und allen Zockern, die wie ich diesem Genre nicht ganz so viel abverlangen können rate ich, es bei Gelegenheit mal zu testen, auch weil es momentan ja überall runtergesetzt ist.

Röhrenglotzen und Lochrandpapier

Technisch ist das Spiel ein Hingucker, nicht weil die Grafik unfassbar geil ist, sondern weil die futuristische Atmosphäre der Achtziger perfekt eingefangen wurde. Das Design und die Optik des ersten Teils spiegelt sich in allem wieder, den gepufferten Wänden, den blinkenden Knöpfen an den Wänden und den klobigen Röhrenbildschirmen – hammergeil! Viele kleine Details, wie herumliegende Zeitschriften, beschriftete Space-Müslikartons und ein kleiner Fernseher, bei dem verzweifelten Versuch einen Sendersuchlauf durchzuführen machen aus der Raumstation eine glaubwürdige Umgebung und die vielen Rauch, Staub und Lichteffekte, zusammen mit dem schicken Unschärfe-Effekt lassen einen oft “Wow“ sagen, auch wenn einige Texturen und die menschlichen Charaktermodelle nicht ganz auf Next-Gen-Niveau sein mögen. Musik und Sprachausgabe sind (im Englischen) überdurchschnittlich gut, jedes Knacken und Donnern hallt durch die Surroundboxen und die langsam einsetzende, dramatische Musik alleine verbreitet schon Panik und Unbehagen im Spieler. Die englische Synchronstimme der Amanda Ripley möchte ich hier ebenfalls löblich erwähnen, die in den richtigen Momenten echte Angst oder stinkige Wut durchhören lässt und nicht nur vom Blatt abliest, sehr gut! Auch der kratzige VHS-Look der Videoeinspieler erregte das ein oder andere Schmunzeln bei mir.

Hier gibt es einen bunten Haufen Screenshots meiner Durchzockung!

Ein wenig Meckern muss ich aber auch: einige träge, schlauchige Passagen, unfair wirkende Trial&Error-Momente, bei denen man eine Szene zig Mal auf verschiedene Weise probieren muss um die “richtige“ herauszufiltern und streckend rüberkommende Fetch-Missionen, bei denen wir ständig von A nach B, zurück nach A und eine Explosion später wieder zu B durch Gegner-verseuchtes Gebiet müssen, schlauchten ein wenig. Der Spielfluss gerät in diesen, wenigen Momenten ein wenig ins Stocken. Außerdem fand ich das Game im Ganzen ein wenig zu lang, bei den aktuellen Diskussionen um die Länge einer Singleplayer-Kampagne, muss ich sagen; “Lieber kürzer und dafür knackig, als mit Wasser gestreckt!“. Auch wenn das Wasser in diesem Fall trotzdem unterhaltsam war. Wenn auch ohne Kohlensäure…

So, liebe Leute, Fazit-Zeit! Mir hat ALIEN ISOLATION wirklich viel, viel Spaß gemacht, auch wenn ich beim Zocken viel geflucht habe und mich über meine eigene Ungeduld aufgeregt habe, war es doch ein einzigartiges Erlebnis, das dem Franchise größere Ehre macht, als noch das letzte Kino-Prequel Prometheus. Wer also Bock auf Licht aus und Hose voll hat, lange keinen gewölbten schwarzen Monitor mit grüner Klötzchen-Schrift mehr gesehen hat oder einfach mal in der Ego-Perspektive vom sabbernden Killer-Außerirdischen schlechthin gemeuchelt werden will, der darf und SOLL bitte zugreifen.

Ollibaba Out. 😉

Alien Isolation fazit

Und nun noch mein ultimativer Ratschlag zum Spielen von ALIEN ISOLATION:
Speichern, Speichern, Speichern… und was noch wichtiger ist: SPEICHERN!  😉