TestLabor: SUNSET OVERDRIVE

Sunset Overdrive oben

Im Vorfeld hatte mich Sunset Overdrive wirklich interessiert, kommt es doch aus dem Hause Insomniac Games. Der Schmiede, die bereits gelungene Playstation-Exklusivitäten wie die Plattformer mit Ratchet & Clank oder die Endzeit-Shooter der Resistance-Reihe gezaubert hat. Und nun ein Spiel exklusiv für die Xbox One? Insomniac Games scheint ein Faible für Exklusives zu haben…  die feinen Herrschaften! Als es dann rauskam flaute mein Interesse allerdings deutlich ab, wirkte es doch einfach wie ein hektisches Open-World-Spiel-Geballer mit einer Prise “Jet Set Radio”. Doch einen impulsiven Schnäppchenkauf später muss ich nun duch ausgesprochen positiv resümieren…

Nachdem wir uns einen individuellen Charakter gebastelt haben werden wir auch schon in die Apokalypse geworfen. Von nun an heißt es Action! Wir werden von orangefarbenen Mutanten verfolgt, mit Schleim bespuckt und Autos beworfen. Anscheinend hat hier ein neuer Energy-Drink namens Overdrive, der bei einem Partyevent in Sunset City vorgestellt wurde eine unglückliche Nebenwirkung. Verwandelt er den Koffeinbrausen-Sommelier doch in einen aggressiven Zombieklumpen! Von wegen “verleiht Flügel“! Aber von solchen Kinkerlitzchen lassen wir uns die Laune nicht vermiesen, im Gegenteil, von nun an genießen wir die Freiheit nicht mehr in unserem Drecksjob dahin vegetieren zu müssen und machen das infizierte Sunset City zu unserem persönlichen chaotischen Spielplatz. Apokalypse Wow!

“Jet Set Radio” auf Speed!

Glücklicherweise können wir auf sämtlichen Kanten, Kabeln und Vorsprüngen grinden und zwischendurch auf Tonnen, Fahrzeugen und ähnlichem wie auf einem Trampolin in die Lüfte hopsen. Realistisch? Nö. Spaßig? Oh Yeah! Wir ballern mit Insomniac-typisch bekloppten Waffen wie einem TNTeddy-Werfer oder einer Plattenkanone, die olle Schallplatten abfeuert (allerdings keine Polka-Scheiben, die wären selbst gegen Mutanten einfach nur gemein). Da man durch geile Manöver seinen Style-Meter auflädt und so auf weitere Attacken und Fähigkeiten zugreifen kann, sollte man also immer in Bewegung bleiben. Immer! Sunset Overdrive ist KEIN Egoshooter, wenn wir schießend auf dem Boden herumlaufen sind wir so gut wie tot. Und hier kommt das hektische Element zum Tragen. Immer auf Stromkabeln zu grinden, Gegner anvisieren, dabei Projektilen und auf uns geschleuderten Brocken ausweichen ist streckenweise mehr als hektisch. Doch wenn die Steuerung und das Gameplay erst ins Spielermark übergegangen sind, tanzen wir geradezu abgefahrenes Style-Ballett! Dann macht Sunset Overdrive wirklich richtig Laune und hebt sich erfrischend vom ballernden Einheitsbrei ab. Lediglich vereinzelte Ungenauigkeiten der Steuerung und geradezu Fingerverrenkende Eingabeanforderungen trüben den Flow ein wenig. Und wenn uns zu viel um die Ohren fliegt, uns Horden wütender Limo-Junkies überschwemmen, können einem schon die Wörtchen “unfair“ oder “cheap“ durchs Gamerhirn schwirren, dank der freundlich gesetzten Rücksetzpunkte aber nie wirklich frustrierend.

Sunset Overdrive ist nicht nur flott, extrem wild und bunt (seeehr bunt), sondern bemüht sich auch um manchmal etwas angestrengt wirkenden Anarcho-Humor. Ständig reißen die extrem überzeichneten Protagnonisten alberne Sprüche und lassen kaum einen Kalauer aus. Schreckt offensichtlich manche etwas ab, mir hat es aber gefallen. Ich bin ja eh ein bekennender Freund des Flachwitzes. Häufig muss man einfach schmunzeln und selbst wenn einem zwischendrin ein platter Gag ein Augenrollen entlockt, ist diese Art der Präsentation und des Gefirlefanze immer noch erfrischender als der standardisierte Soldaten-Pathos der Konkurtrenz, oder? Und dass unsere Heldin, bzw. unserem Helden klar ist, sich in einem abgefahrenen Videospiel zu befinden, bei dem die Gesetze der Schwerkraft einfach nix zu sagen haben und einem Stimmen aus dem Jenseits den Einsatz neuer Fähigkeiten erklären ist auch nicht wirklich viel unrealistischer als nach einem Kopftreffer im Schützengraben solange in Deckung zu gehen, bis man wieder genesen ist. Hier ist einfach alles etwas bunter… viiiel bunter. Und die Animationen mit denen die eigene Spielfigur nach dem Ableben wiederkehrt sind teilweise echte Knaller.

SunsetOverdrive-1

Optisch ist das Spiel echt hübsch anzuschauen, es ist voller nett gestalteter Details, abwechslungsreicher Umgebungen und originellen, augenzwinkernd gestalteten Figuren. Die Welt von Sunset City ist eine coole und sympathische. Die Texturen sind scharf und die Animationen geschmeidig, es ist kein technischer Nextgen-Meilenstein, aber ein optisch ansprechendes Spiel für eine Nextgen-Konsole. Da Sunset Overdrive auch immer schön flüssig läuft und viele coole Licht und Unschärfe-Effekte die Umgebung verzieren, überwiegt einfach der positive Eindruck, trotz manchmal aufploppender Gegenstände am Horizont.

Sammelkiste voller Zombies

Unterwegs sammeln wir Klopapier, Turnschuhe, Overdrive-Dosen, Telefone, Leuchtreklamen, zerdepperte Überwachungskameras und Bargeld (jawohl, all das!) ein um unser Können aufzuwerten und neue Waffen zu erstehen. Meiner Meinung nach hätten es hier durchaus etwas weniger Sammelgegenstände sein dürfen. Aber wer gerne in einer offenen Welt herumdüst und jede Menge Kleinkram einsammelt, der wird in Sunset City selig werden. Ein Paradies für virtuelle Messies!

Mir hat Sunset Overdrive überraschend viel Spaß gemacht, die Story ist läppsch aber das Ganze macht einfach gut Bock. Auch wenn die “in your face“-Attitüde nicht immer ganz funkt und eine Mission bei mir komplett verbugt war, ist es ein bunter, wilder Ritt durch eine vielseitige Stadt voller lustiger Momente, einigen echt originellen Missionen und sympathisch-abgefahrener Bewohner. Wer keine Angst davor hat spielerisch hektisches Terrain zu betreten und es auch gerne mal bunt hat, darf zugreifen und einen Schluck Overdrive nehmen!

Prost zusammen,
Sunset Ollibaba 😉

Sunset Overdrive Fazit