Eiseskälte im Wohnzimmer!
In den Neunzigern war alles irgendwie schrill, bunt und hatte Attitüde. Baggypants, Bart Simpson, Grundge, Parker Lewis, MTV und Sonic. Die Sportspiele waren meist XTreme, die Verkörperung der angeblichen Generation „Fuck it“. War das wirklich so oder verallgemeinere ich gerade wie ein Wahnsinniger? Wer weiß. Jedenfalls gibt es auf dem Nintendo 64 ein Sportspiel, das sich zu dieser Zeit traute uncool daher zu kommen. Ein Snowboardspiel um genau zu sein, das keine Pre-Millenium-Depri-Hipster zu temporär angesagter Hip Hop Mukke über Berge und Hügel schickte, eines das stolz sein auf pubertierende Möchtegern-Gängster abschreckend wirkendes Design abgefeiert hat und so mittlerweile fast cooler (hihi, spielt ja im Schnee) wirkt als andere Genrekollegen dieser Zeit.
Ich spreche von Snowboard Kids aus dem Jahre 1998. Cowabunga!
Die merkwürdig verunstalteten Knubbelnasenviecher auf dem Cover verheißen auf den ersten Blick nicht unbedingt was Gutes, wirken sie doch wie ein abstruses belgisches Comic, das keiner kennt oder wie die Maskottchen eines Taschentuchherstellers. Aber, meine Freunde, lasst euch nicht abschrecken, dieses Spiel ist echt gut. Entwickelt vom Kultstudio Atlus, das man eigentlich mit hockkarätigen RPGs und JRPGs, wie die Shin Mega Tensei und Persona Reihen verbindet, war es ein Spaßprojekt, das sich selbst nicht zu ernst nehmen sollte.
Am besten beschreibt man dieses Spielchen als das uneheliche Kind von den N64-Spielen 1080 Snowboarding und dem Platzhirsch Mario Kart. Eine Gruppe besagter Riechkolben-Kids will den besten Fahrer der Clique bestimmen und so entbrennt eine bunte Wettraserei mit allerlei bekloppten Waffen, hübschen Locations und überdrehten Charakteren. Jeder der fünf Raser hat Stärken und Schwächen und nach gewählten Rennmodus; Battle Race, Time Attack und Skill Race geht es dann ans Eingemachte. Die Steuerung ist simpel, man drückt passend zur Richtung A um sich zu ducken oder Schwung für einen Sprung zu nehmen und die B und Z Tasten feuern die jeweiligen aufgesammelten Items ab. Simpel, erfordert aber etwas Eingewöhnung um das Timing für Sprünge über Rampen und das erfolgreiche Sliden in enge Kurven zu meistern. Aber so soll es ja auch sein, einfach zu lernen aber mit etwas spielerischem Tiefgang… etwas.
Der Modus Skill Game ist eine zu kurzweilige Ansammlung kleiner Geschicklichkeitsübungen und Minispiele, Time Attack erklärt sich von selbst und Battle Race ist das eigentliche Herzstück eines jeden Fun-Racers. Hier treten wir gegen den überraschend kompetenten Computer oder bis zu drei unserer Sofakollegen an und battlen uns bis die Schwarte kracht!
Die stets flüssige Framerate kommt zwar bei hektischen Vier-Spieler-Gefechten manchmal dezent ins Stottern, aber das hindert nicht im Geringsten beim Brettern über Eis und Schnee. Die Grafik ist zwar nicht allzu detailliert aber hübsch anzusehen, farbenfroh und läuft wie gesagt flüssig. Die Musik ist cool und hat ein paar echt nette Melodien auf der Pfanne, die bei einem erfolgreicheren Franchise wohl ihren Weg als Klingeltöne auf viele Nerdhandies dieser Welt gefunden hätten. Technisch sehr gut.Und Krempel zum Freischalten gibt es natürlich auch, was bescheidene Langzeitmotivation sorgt, aber mehr als ein paar tummelige Runden mit Kumpels ist eigentlich nicht drin. Ähnlich wie bei Mario Kart hängt der Langzeitspaß vom Freundeskreis ab. Snowboard Kids ist eine sehr gute, unterschätzte Alternative zu Spielen wie SSX und Tony Hawk, wenn man die bizarr entstellten Protagonisten verkraften kann. Ein Geheimtipp, nicht perfekt aber überm Durchschnitt.
Rambazamba!
Flotter Schneespaß mit tollen
Multiplayergefechten. Cool.