RETRO-TestLabor: Mansion of the Hidden Souls (Sega)

Der Schmetterling führt was im Schilde…

In den frühen Tagen der diskbasierten Videospiele gab es immer wieder Versuche, das Medium Film spielbar zu machen. Eine Mischung aus Interaktivität und Zuschauen. Angelehnt an Klassiker wie das Zeichentrickabenteuer “Dragon’s Lair” und den ultimativen PC-Hit “Myst”, bauten Entwickler vorgerenderte Szenerien und rechneten klobige Filmschnipsel zusammen, die durch einfache eingaben miteinander verbunden eine Art von Fortbewegung simulieren sollten. Viele dieser Experimente scheiterten, ein paar hatten interessante Ansätze und einige waren schlichtweg bizarr.

Ein besonders bizarres ist “Mansion of the Hidden Souls”, bzw. “Mystery Mansion – Das Haus der verlorenen Seelen” für den betagten Sega Saturn und das berüchtigte Mega-CD.

Im weitesten Sinne ein Point und Click Abenteuer, ist dieses Mysteryspiel ein FMV-Adventure. Wir zeigen auf einem grob pixeligen Bild einer Halle auf eine Tür, drücken den Aktionsknopf auf dem Joypad und schon begonnt eine Filmsequenz, Saturn-typisch voller Klötzchen und Artefakte, die uns den Weg zu besagter Tür zeigt. Wir drücken erneut und betreten ein pinkes Kinderzimmer, welches wir bis zu einem kleinen Schminkspiegel durchstreifen. Plötzlich taucht ein Schmetterling im Bild auf und ein Mädchenkopf erscheint. Das Mädel fordert uns mit mittelprächtiger deutscher Synchro auf, mit ihr zu spielen, worauf wir nun antworten müssen.

Alle Bewohner des dubiosen Anwesens scheinen irgendwie in Geister verwandekt worden zu sein, die in Form von Schmetterlingen umherflattern. Wir müssen nun helfen und herausfinden, was hier geschehen ist. Wir erfahren von den Geschwistern Johnathan und Samantha, die von einem der mysteriösen Falter in das Herrenhaus gelockt und verzaubert worden sind und so zu weiteren Bewohnern des “Hauses der verlorenen Seelen” gemacht wurden. Eine magische Entführungsgeschichte voller schräger Figuren, einer einzigartigen Atmosphäre und vielen Dialogen entfaltet (hihi) sich. Schräg und sehr japanisch.

Inhaltlich unterscheiden sich beide Versionen voneinander. Die Videosequenzen für das Sega CD sind etwas simpler gehalten, ruckeln stärker und enthalten weniger Farben, damit die begrenzte Farbpalette das Bild etwas klarer darstellt, was immer das Hauptproblem der Add On-Hardware war und auch hier nur bedingt hilft. Zudem werden Dialoge nicht mit schwebenden Köpfen geführt, sondern ertönen als Voice Over und die Gesamtspielzeit wurde reduziert. Die Saturn Fassung ist also die etwas bessere, vielfältigere und längere. Zum Direktvergleich hier ein paar Screenshots beider Spiele:

Die dürftigen Präsentationen sind auf die technischen Limitationen beider Geräte zurückzuführen, denn sowohl das Add-On für das gute Mega Drive, als auch der Sega Saturn konnten nur klobig komprimierte Videofetzen abspielen. Wobei die Saturn-Version logischerweise etws weniger klotzig und artefaktbeladen ist. Auf dem Mega-CD ist das Bild kleiner, extrem pixelig und die gesamte Präsentation wirkt zwar heller, aber auch deutlich trostloser. Naja. Auch die Ladezeiten sind nicht der Bringer. Die englische Sprachausgabe ist minimal besser als die deutsche, beide tragen aber mit ihren teils lustlosen Sprechern zu der trostlos, verwirrenden Wirkung der Spielwelt bei. Mag komisch klingen, aber hier fabriziert die schwache Technik einen Teil des strangen Charmes des Titels. Die grobschlächtige visuelle Darstellung übt einfach eine dubiose Faszination auf mich aus, ich weiß auch nicht warum. Der Schmetterling ist vermutlich schuld!

Ist “Mansion of the Hidden Souls” nun ein gutes Spiel oder sollte man tunlichst die Daddelfinger davon lassen? Schwer zu sagen. Das Gameplay ist im besten Falle minimalistisch, die Optik ist für heutige (und eigentlich auch damalige) Verhältnisse vor allem auf dem Mega-CD echt unterirdisch und der Sound lediglich mittelprächtig. Aber warum laber ich mir hier den Mund über dieses Adventure-Experiment derart fusselig? Ganz einfach; es ist einzigartig, angenehm bekloppt und ein echter Trip in fremde Gefilde. Da sich der tatsächlich empfunde Spielspaß aber selbst bei wohlwollender Nostalgie-Neugier bestenfalls “in Grenzen hält”, gibt es leider nur eine eingeschränkte Empfehlung meinerseits. Freunde spielerischer Experimente und allen, die meine Beschreibung irgendwie reizvoll und interessant fanden, dürfen sich gerne mal in das Herrenhaus der pixeligen Rätsel begeben, den Hausherren freuts bestimmt. “Mansion of the Hidden Souls” ist keine Katastrophe, aber auch nicht geil… irgendwie… dazwischen.

Manchmal entsagen Spiele konventionellen Kriterien und alles, was man dazu sagen kann, ist:
ALTER FALTER!
OlliSignatur-1

LOGOS - Überschriften - RetroFazit

Absurdes Klick-Abenteuer mit unfassbar veralteter Technik.

Beitrag - Pixellinie Cube

HIER gibt es noch weiterführendes Material zum Thema FMV-Spiele.