Extrablatt: Maus und Ente bekämpfen Hund!
Es gab eine Zeit, meine Freunde, in der Lizenzspiele zu Filmcharakteren meist gut waren und der Name Disney nicht Krieg der Sterne oder Helden in Marvel-Strumphosen bedeutete… eine Zeit, in der sich die Generation X lange Haare wachsen ließ und an einer kalifornischen Fernseh-Highschool vierzig Jährige als Schüler durchgingen. Als man an jeder Ecke krass coole Skater sah und… naja, genug der läppschen Nineties-Klischees… Fazit: Lang ist’s her.
Das Mega Drive von Sega war weit verbreitet und Jump’n’Runs waren das beliebteste Spielegenre, so wie Multiplayershooter heute. Eines der besten seiner Zunft war Castle of Illusion, in dem Mickey Mouse seine Freundin Minnie aus den Fängen einer bösen Hexe befreien und dazu einen Regenbogen aus bunten Diamanten erschaffen muss. Farbenfroh, fröhlich und super zu spielen – ein Klassiker. Entwicklelt wurde das Spiel von Sega’s hauseigenem Team, das zwei Jahre später, im Jahre 1992 eine Fortsetzung auf den Markt brachte. Wie sein Vorgänger basiert auch World of Illusion auf keinem Film oder einer Serie, sondern erzählt eine eigenständige Geschichte im Disneyuniversum.
Mickey und Donald Duck bereiten sich auf eine Zaubervorführung vor, als sie hinter der Bühne eine magische Kiste entdecken. Diese gehört einem arglisten, bösen Zauberer, der beide plötzlich in eine magische Welt entführt! Fortan kämpfen wir uns alternativ als einer der beiden Helden oder sogar zusammen in Co-op durch bunte Welten voller Gefahren. Von lichtdurchfluteten Wäldern, über ein versunkenes Piratenschiff hin bis zu einer Welt aus Süßigkeiten reicht unser Weg ins Spielkartenverseuchte Wunderland, wo wir uns dem bösen Zauberer im Finale stellen müssen.
Unsere Waffen sind magische Tücher, die von unseren Helden Richtung Rabauken geschwungen werden. Wie jetzt, Tücher, fragt ihr? Richtig. Klingt merkwürdig, funktioniert aber tadellos und ist sogar einigermaßen originell. Zwischendurch reiten wir auf Champagnerkorken ins Weltall, werden von riesigen Blumen durch die Gegend gespuckt und tauchen in einer Blase auf den Meeresgrund hinab. Alle Stages und Gegner kommen uns irgendwie bekannt vor, stammen sie doch alle aus diversen Disney-Medien oder sind zumindest von ihnen inspiriert. Wir treffen den Goldfisch aus Pinocchio, tanzende Blätter-Elfen aus Fantasia und die fiese Hexe Mim aus “Die Hexe und der Zauberer”. Man merkt, dass die Macher Spaß am Ausgangsmaterial hatten. Toll.
Ente gut, alles gut
Die 16 Bit Grafik ist einfach toll, stimmungsvoll und unglaublich liebevoll gemacht. Jedes Level ist detailreich und verspielt, wenn auch spielerisch eher simpel gehalten. Das wären auch die einzigen kleinen Kritikpunkte an World of Illusion, das Spiel ist recht einfach und relativ kurz. Die einzelnen Passagen sind eher einfaches von links nach rechts, die meisten Bosse fast lachhaft einfach und überall gibt es Energie zum Aufsammeln. Aber das macht dieses Spiel eben einsteigerfreundlich und auch für jüngere Zocker interessant. Hier geht es für mich nicht um spielerische Finessen und anspruchsvolles Können, sondern darum, die hübsche Spielwelt mit ihren vielen witzigen Einfällen zu genießen. Eine beschauliche Reise in die Welt von Walt Disney durch die Augen von Sega.
Die Melodien sind super und für Mega Drive Verhältnisse auch instrumental super gestrickt. Sogar Sprachausgabe gibt es! Im Team mit einem Couchgenossen macht das Ganze gleich doppelt Spaß und sorgt für kurzzeitige Unterhaltung. Wer eine der beiden Kampagnen Solo durchgezockt hat, sollte unbedingt auch mal den anderen Helden zu Start auswählen, da sich die Levels teilweise unterscheiden. Für ein altes Spiel ist es zwar nicht wirklich erstaunlich, wie viel Wiederspielwert es beinhaltet, aber trotzdem freut es mich immer wieder, in die niedliche, heile Welt der Vergangenheit einzutauchen.
HIER gibt es übrigens mein “Durchgezockt”. So könnt ihr selbst sehen, wie toll das Spiel ausschaut und wie abwechslungsreich es ist.
Freunde der Mäusewelt und seiner Bewohner, Liebhaber guter Hüpfspiele und Sega-Fans sollten unbedingt mal einen relaxten Blick riskieren. Eine echte Retro-Perle, die sehr gut gealtert ist und auch heute noch viel Spaß macht und mit seiner tollen Grafik immer noch begeistern kann. Es gab also eine Zeit, in der Sega noch richtig geile Spiele machte, statt sich nur noch damit zu befassen, das Andenken des blauen Igels zu beschmutzen. Früher war nicht alles besser, aber manches…
Alakazaaam!
Ein perfektes, wenn auch kurz geratenes Jump’n’Run.